Die neue EU-Richtlinie zur Behandlung von kommunalem Abwasser 2024/3019 ist in Kraft getreten und bringt bedeutende Änderungen für die Pharma- und Kosmetikindustrie mit sich. Nach dem Prinzip der erweiterten Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility/EPR) müssen diese Branchen, die die Hauptquelle für Mikroschadstoffe im kommunalen Abwasser darstellen, mindestens 80% der zusätzlichen Kosten für die Einführung und den Betrieb der Viertbehandlung übernehmen (Art. 9 und Anhang III). Wir erleben daher einen tiefgreifenden Wandel im regulatorischen Umfeld der Abwasserbehandlung.
Dieser neue regulatorische Rahmen erweitert die Verpflichtungen der Unternehmen zur Einhaltung von Vorschriften auf den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte, einschließlich der Behandlung von Abwasser und Abfällen, die während der Produktionsprozesse entstehen. Außerdem werden strengere Überwachungsanforderungen und die schrittweise Einführung der Viertbehandlung erforderlich sein.
Branchenherausforderungen
Die Abwasserbehandlung in der pharmazeutischen Industrie stellt eine der spezialisiertesten und komplexesten Herausforderungen im industriellen Umweltmanagement dar. Dieser industrielle Kontext erfordert spezifisches Wissen über den GMP-Produktions- und Validierungsprozess, das sterile Umfeld und die dazugehörigen Versorgungsmedien sowie über Synthese-, Extraktions- und Fermentationsprozesse. Unternehmen in diesem Sektor müssen Abwässer mit einer Vielzahl von Chemikalien, Lösungsmitteln und Produktionsrückständen behandeln, die maßgeschneiderte und streng kontrollierte Behandlungsverfahren erfordern. Viele traditionelle Lösungen, wie beispielsweise die externe Entsorgung, sind nicht nur mit erheblichen Kosten und saisonaler Abhängigkeit von Lieferanten verbunden, sondern erfüllen oft auch nicht mehr die neuen Umweltstandards und die Anforderungen der Endnutzer an CDMOs (Contract Development and Manufacturing Organisation/Auftragsentwicklungs- und Herstellungsorganisation).
Was ist Isopropylalkohol?
Isopropylalkohol (IPA), auch bekannt als Isopropanol oder 2-Propanol, ist eine flüchtige organische Verbindung, die in der pharmazeutischen Herstellung weit verbreitet als Lösungsmittel, Reinigungsmittel und Zwischenprodukt in chemischen Syntheseprozessen eingesetzt wird. In pharmazeutischen Anlagen ist IPA unverzichtbar für die Sterilisation von Geräten, die Herstellung von Wirkstoffen (Active Pharmaceutical Ingredient/API) und verschiedene Formulierungsprozesse. Allerdings stellt seine Anwesenheit im Abwasser erhebliche Umwelt- und regulatorische Herausforderungen dar. IPA ist hoch wasserlöslich, was eine Abtrennung mit herkömmlichen Behandlungsmethoden erschwert, und seine Einleitung kann zur aquatischen Toxizität sowie zum Sauerstoffmangel in den aufnehmenden Gewässern beitragen. Mit der neuen Richtlinie 2024/3019, die pharmazeutische Mikroschadstoffe als vorrangiges Anliegen einstuft, ist die effektive Entfernung von IPA aus Industrieabwässern nun auch eine regulatorische Notwendigkeit geworden.
Eine innovative Lösung für IPA im Abwasser

In diesem Zusammenhang gibt es eine besonders interessante Fallstudie, die bei einem großen Pharmaunternehmen in Irland durchgeführt wurde, wo das Unternehmen erfolgreich eine innovative Anlage zur Behandlung von Abwasser mit Isopropylalkohol (IPA) implementiert hat. Dank der MPPS-Technologie (Makroporöse Polymersorption) von Veolia waren die Ergebnisse außergewöhnlich, mit einer IPA-Reduktionsrate von über 99,9% bei einer Behandlungskapazität von 48 m3 Abwasser pro Tag.
Technische Merkmale und Vorteile
Makroporöse Polymerextraktion/Sorption (MPPE/S) ermöglicht die Rückgewinnung von Kohlenwasserstofflösungsmitteln aus industriellen Abwasserströmen und erfüllt so die komplexen Anforderungen moderner pharmazeutischer Produktionsanlagen.
Diese hocheffiziente Technologie kann eine breite Palette von Lösungsmitteln, sowohl polare als auch unpolare, einschließlich Toluol und chlorierte Lösungsmittel, mit Behandlungseffizienzen von bis zu 99,99% behandeln. Eine derart hohe Leistung stellt sicher, dass selbst Spuren von Lösungsmitteln effektiv entfernt werden können, wodurch die Wiederverwendung des behandelten Wassers für nicht-GMP-Prozesse ermöglicht und die strengsten behördlichen Anforderungen sowie Umweltstandards erfüllt werden.

Die Vielseitigkeit des MPPE/S-Systems bei der Trennung verschiedener Lösungsmittel macht es besonders wertvoll für die Pharmaindustrie, die Wirkstoffe durch Synthese herstellt.
Diese duale Funktionalität kann eine Herausforderung im Abfallmanagement in eine Chance zur Rückgewinnung von Ressourcen verwandeln, im Einklang mit den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft und mit dem Potenzial, Kosteneinsparungen durch Wiederverwendung oder Weiterverkauf des Lösungsmittels zu erzielen.
Dank seines kompakten Designs und geringen Platzbedarfs lässt sich das MPPE/S-System leicht in bestehende Anlagen integrieren, wodurch Betriebsunterbrechungen minimiert werden. Sein niedriger Energieverbrauch, insbesondere im Vergleich zu herkömmlichen Dampfstrippverfahren, trägt dazu bei, die Betriebskosten und den CO2-Fußabdruck zu senken.
Umweltauswirkungen und Nachhaltigkeit
Die Implementierung dieser Technologie hat zu erheblichen Verbesserungen im Umweltmanagement der Anlage geführt. Das System beseitigt weitgehend die Kosten für den externen Transport und die Verbrennung von Abwasser, wodurch der CO2-Fußabdruck der Anlage deutlich reduziert wird. Die Möglichkeit, IPA zurückzugewinnen und potenziell wiederzuverkaufen, stellt in dieser Fallstudie ein konkretes Beispiel für die Anwendung der Kreislaufwirtschaft im Industriesektor dar.
Intelligentes Management und Wartung
Das System ist mit einer automatisierten Steuerung der abwechselnden Regeneration der beiden Behälter konzipiert, wodurch ein minimaler Bedienereingriff erforderlich ist. Die betriebliche Flexibilität und das umfassende Design ermöglichen eine effektive Handhabung von Durchflussraten-Schwankungen und Druckspitzen, wodurch eine gleichbleibende Leistung über die Zeit sichergestellt wird. Das effiziente Design, kombiniert mit geringer Geräuschentwicklung und Emissionen, trägt dazu bei, die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens zu erreichen.
Regulatorische Compliance und zukünftige Aussichten
Die Lösung erfüllt nicht nur die aktuellen gesetzlichen Anforderungen, sondern setzt auch Maßstäbe für zukünftige Standards in der industriellen Abwasserbehandlung. Die erfolgreiche Umsetzung eröffnet der Branche neue Perspektiven und zeigt, wie es möglich ist, die Anforderungen an die Einhaltung von Vorschriften wirksam mit betrieblicher Effizienz und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen.
Das zunehmende Interesse an der Wiederverwendung von aufbereitetem Wasser und die Möglichkeit, dieses System an anderen Produktionsstandorten zu replizieren, deuten auf eine vielversprechende Zukunft für diese Technologie hin. Diese Fallstudie zeigt, wie technologische Innovationen neue regulatorische Herausforderungen effektiv bewältigen können, während gleichzeitig durch die Rückgewinnung von Ressourcen ein zusätzlicher Mehrwert geschaffen wird.
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